Algerien! Am 21 November, war es also soweit, wir verließen Tunesien in Richtung Algerien. Die Worte (bonne chance!), was etwa soviel wie "Viel Glück!" bedeutet, haben uns nicht gerade aufgeheitert.

Langsam fuhren wir durch den uns unendlich vorkommenden Streifen Niemandsland. Der Staub wehte über den Asphalt, und uns wurde langsam klar, dass wir uns immer mehr in Richtung Sahara begaben.
Vor uns lag der algerische Grenzposten, wir stiegen aus, die Straßenränder waren so stark mit

Sand bedeckt, wie es wir Europäer sonst nur in Form von Schnee kennen.

In Tunesien hatten wir erfahren, das Rammadan war, was bedeutete, dass um 6 Uhr, wenn die Sonne unter geht, das Abendessen beginnt.
Für uns bedeutete das, dass wir warten mussten, bis das Essen vorbei war. Unsere schlechten Französischkenntnisse trugen nicht gerade dazu bei die Passage zu beschleunigen. Zu unserer Überraschung waren die Grenzer freundlich und halfen uns gerne.

Michael erklärte einem, wo wir lang fahren wollten, und kassierte dafür ein Lob für unsere Courage. (Mal wieder wurden wir verunsichert.)

Da der Mensch von der Versicherung den nächsten Tag kommen sollte, und wir ohne Versicherung, angeblich nicht ins Land kommen würden, haben wir die Nacht an der Grenze verbracht. In der Nacht habe wir noch all unsere Bargeld und unsere Papiere versteckt.

Am nächsten Morgen sind wir in Richtung El Qued aufgebrochen, der Mensch bon der Versicherung war noch immer nicht da. Man sagte uns wir sollten die Versicherung in El Qued abschließen. Die ersten Kilometer auf algerienschem Asphalt waren schon ein merkwürdiges Gefühl. An den Straßen standen viele Kinder, einige jubelten uns zu, als seien wir ihre Befreier, ander beschmiessen uns mit Steinen. Nachdem wir in El Qued mit Hilfe von Ali einem Polizisten unsere Versicherung abgeschlossen hatten, verließen wir die Stadt. Nachdem wir weitere 350
Liter Diesel getankt hatten. Der Diesel in Algerien kostete ca. 30 Pfennig.

Wir fuhren die Straße entlang in Richtung Hassi Messaout. Ob wir die nächste Nacht dort verbringen konnten, war uns mal wieder nicht klar, was die Sache ein wenig abenteuerlicher machte. Nach und nach verschwanden die letzten Sträucher und Büsche, nun befanden wir uns also in der Sahara.

Am Straßenrand suchten einige Wüstenfüchse nach etwas Essbaren.

Die Nacht brach herein, aus der Ferne sahen wir, dass der ganze Himmel hell erleuchtet war. Als wir näher kamen, wurde uns klar, dass dies die Feuer der Ölraffinerien von Hassi Messaout waren. In der Nacht erreichen wir die Stadt. Das Nachtleben in arabischen Städten ist ausgeprägter als man denkt. Überall brennen Öllampen, die Leute verkaufen an Ständen Essen und Zigaretten, in den Cafes wurde Tee und Kaffee getrunken, und im Hintergrund hörte man arabische Musik.

Da wir einen langen Tag hinter uns hatten, beschlossenen wir erstmal etwas zu essen. Wir setzten uns - den LKW immer im Auge behaltend - in ein Restaurant. Die Überlegung, wo wir uns zum Schlafen hinstellen sollen brachte uns zum alten Sprichwort, Angriff ist die beste Verteidigung.

Wir beschlossen mitten auf dem Marktplatz stehen zu bleiben. Als die Rechnung kam, lernten wir unsere erste Lektion Afrika: Frage immer vorher nach dem Preis! Nachdem wir im Restaurant geduscht hatten, gingen wir zu Bett.

Die Nacht verlief, abgesehen von ein paar Kindern, die an den LKW klopften, ruhig.

Als wir am nächsten Tag um 9 Uhr aufstanden, fiel uns auf, dass niemand auf den Straßen war. Anscheinend fängt man hier später an zu arbeiten.

Wir setzten unsere Fahrt fort in Richtung Hassi Bel Gebour. Wir entschlossen uns dafür einen Anhalter mitzunehmen. Damit haben uns den Tag gründlich verdorben; der junge Mann saß in unserer Mitte bringt kein Wort heraus, in seinen Augen sah man, dass er nicht gerade begeistert war mit uns mitzufahren.

Auch die Dieselhexe war wohl nicht gerade begeistert von unserem neuen

Freund, nach ca. 150 Kilometern rissen beide Keilriemen. Als wiranhielten um sie zu reparieren, verabschiedet sich unsere Freund. Begeistert von seiner Hilfsbereitschaft, machten wir uns an die Arbeit. Unsere Freund drehte sich ab und zu um, um zu schauen, ob wir den Wagen wieder hinbekommen, und er damit die Möglichkeit bekommt weiter zu fahren. Wir arbeiteten absichtlich langsam. Nach einer Stunde waren wir fertig. Unser Freund war nicht mehr zu sehen, und da die Sonne gerade unterging, fuhren wir von der Straße zur nächsten Düne. Dort schlugen unsere Lager auf.

Wir erklommen die Düne und genossen es uns im größten Sandkasten der Welt zu befinden. Der Himmel leuchtete rot, violett, rosa und blau, und wir beobachteten, wie der Wind eine dünne Sandschicht von der Düne abtrugt.

Bevor wir schlafen gingen, saßen wir noch ein paar Stunden auf der Motorhaube der Dieselhexe, und erzählen uns ein wenig gegenseitig über unser Leben.

Es war merkwürdig, ich kannte Michael gar nicht, als wir losgefahren sind, und jetzt sitzen wir gemeinsam in der Sahara.

Zumindest wie wir uns die Sahara bis dahin vorgestellt hatten. Einen Abend später sind wir dann wirklich in der Sahara gewesen, im absoluten Niemandsland. An einer Straßenkreuzung hatte uns das Militär den Weg nach Tammanrasset gezeigt. Nach ein paar hundert Metern hörte der Asphalt auf und die Wüste begann. Wir waren erleichtert eine Piste erkennen zu können, die durch Fässer gekennzeichnet war. Unsere Nachtlager haben wir neben einem alten Autowrack aufgeschlagen. Micha ist ein wenig in die Wüste gegangen, ich habe mich auf das Dach der Dieselhexe gestellt. Da
Vollmond war konnte man recht gut sehen, ich weiß nicht, wie weit ich genau sehen konnte, aber es erschien mir endlos.

Nachdem der Motor aufhöre Geräusche von sich zu geben, fiel mir auf, dass ich mein eigens Herz schlagen hören konnte.

Viele Leute haben in Situationen der absoluten Stille ein unangenehmes Gefühl, für mich war es eine sehr angenehme Empfindung. Keine Lichter,keine Geräusche, einfach nichts. Nur Weite und Stille. Man sagt, wer einmal in der Wüste war, muss wieder dorthin. Ich weiß jetzt: das diese Aussage stimmt.

Nach dem Abendessen haben wir aus Michas Weltempfänger Nachrichten gehört. Wir wollten immer über die politische Lage bescheid wissen, da wir die nicht einschätzen konnten, wie sich die USA verhalten würden.
Kurz zuvor hatten Bin Laden und Co. am 11. September das World Trade Center zerstört.

Der Nachrichtensprecher verkündete die Fussball Ergebnisse, und wir wussten, wir hatten unsere Welt verlassen und eine neue betreten.

Nach einer sehr ruhigen Nacht erwachten wir, als die Sonne schon am Himmel stand. Um den Motor etwas anzuwärmen, öffneten wir die Haube, und ließen die Sonne ihre Arbeit verrichten. Während das Kaffeewasser zu kochen begann, schauten wir uns das neben uns stehende Autowrack etwas genauer an. Um welchen Typ es sich handelte, wussten wir beide nicht, Micha tippte auf einen Renault 20. Das ganze Fahrzeug war rostbraun, und von der Sonne komplett ausgeblichen. Der Morgentau muss für den Rost verantwortlich gewesen sein, denn Regen schien es hier noch nie gegeben zu haben. Alle brauchbaren Teile waren abgebaut worden.
Micha erzählte mir, dass Freunde in den 80ern mit alten Fahrzeugen, vornehmlich Peugeot und Renault, nach Algerien gefahren sind, um diese in Mali zu verkaufen. Viele dieser Fahrzeuge sind dabei auf der Strecke geblieben.

Nachdem in Algerien der Bürgerkrieg begann und das Gebiet für Touristen zu gefährlich wurde, hörten diese Fahrten auf. Micha vermutete, es handele sich hier um ein solches Fahrzeug.

Wir versuchen den Motor zu starten. Einmal Vorglühen hat gereicht. Die schwere Maschine fing an zu laufen. Es ist immer wieder ein besonderes Gefühl die Dieselhexe anzuwerfen. Der ohrenbetäubende Lärm, den der 40 Jahre alte 7,5 Liter- 6- Zylinder- Motor von sich gibt, ist immer wieder beeindruckend.

Noch 460 Kilometer bis nach In Ecker, das vor Tammanrasset liegt. Dass wir von nun an noch 100 Kilometer pro Tag vorankommen würden, war uns zunächst nicht klar. Erst als wir am Abend auf den Tacho schauten, wussten wir wie lange es noch dauern würde.


In der Hälfte der Strecke sollte Amguit, ein kleines Dorf, liegen. Seine Exsistenz hatte es einem Militärstützpunkt zu verdanken. Nach drei Tagen waren wir dann nur nach 30 Kilometer von Amguit entfernt. Die bisherige Strecke war recht hart und einigermaßen gut zu befahren, etwas
Wellblech war auch dabei.

Dass wir in den drei Tagen niemandem begegneten, machte uns ein wenig stutzig. Im Reiseführer stand : viele LKW und leicht zu befahren.

Auf einmal lag vor uns ein riesiges Sandfeld, wir gaben Gas fuhren hinein. Das Fahrzeug wurde langsamer, schließlich stoppte es abrupt, gleichsam, als hätte jemand einen Anker ausgeworfen. Wir stiegen aus, schaufelten den Sand beiseite und versuchten weiterfahren. Die Hexe bewegte sich keinen Millimeter. In Gesprächen mit andren Leuten hatten wir gehört, dass man im Sand den Reifendruck senken soll, leider widersprach das der Aussage des Reifenherstellers, der uns belehren wollte, es handele sich um Sandreifen, bei denen man den Druck nicht ablassen müsse. Außerdem bestehe dann die Gefahr, dass die Karkasse breche.

Wir hatten keine Wahl. Die Sandbleche herauszuholen schien uns nicht ratsam, da wir nicht besonders tief steckten. Außerdem hätte das viel zeit gekostet. Nach zwei Versuchen fuhren
wir, und waren froh die erste Hürde gemeistert zu haben.

Unsere Entsetzung war groß, als wir Amguit zu Gesicht bekamen. Ein paar Hütten, dass war Alles, auf der Piste ein toter Hund und zehn Meter weiter zwei kleine Kinder. Wir wissen nicht, wieso, aber dieser Ort war uns nicht geheuer, gerade zu beängstigend. Einige Kinder liefen mit großen Steinen in der Hand auf uns zu, wahrscheinlich nicht, um uns diese zu verkaufen.

Da wir beide das Gleiche fühlten, haben wir uns dafür entschieden nicht anzuhalten. Als wir den Ort verließen, kam der Stützpunkt in Sicht, dieser war vor langer Zeit verlassen worden. Wir waren einmal wieder froh so einen ausgezeichneten Reiseführer zu haben.

Da wir von einer Quelle hinter Amguit gehört hatten, beschlossen wir unsere Wasserreserven aufzufüllen. Diese Quelle war in Zeiten des Stützpunkts bewacht gewesen. An der Quelle war uns noch unwohler als in diesem Dorf.

Der Weg zu ihr führte durch ein Feld von großen runden Steinen. Das Problem war: Der Hin- und der Rückweg waren der gleiche, was eine eventuelle Flucht unmöglich macht

Nachdem wir das Wasser aufgefüllt hatten, waren wir froh wieder auf freier Strecke zu sein.
Am Horizont sahen wir ein paar Dünen. Wir waren uns sicher das wir an ihnen vorbei fahren müssen. Als wir sahen, dass die Spuren direkt über die Dünen führten, dachten wir dass unsere Reise hier wohl zu Ende sein würde.

Schon bei anfahren der ersten Düne gab es kein Vorankommen mehr. Wir senkten den Reifendruck nochmals. Mit Vollgas fuhren wir die erste Düne an und siehe da, wenn man die Dünen schräg anfährt kommt man besser hoch.

Die Freude war groß als wir oben ankamen, dass hinter der ersten Düne noch 10 weitere lagen, ließ unsere Erfolgstimmung deutlich sinken.

Es gab keinen anderen Weg, zurück nach amguit uns steinigen lassen schien nicht die geeignete Alternative zu sein. Also ging es weiter, den Gedanken was passieren würde wenn die alte Dieselhexe jetzt kaputt gehen würde oder eine Düne einfach zu steil für sie ist, versuchten wir zu verdrängen. Auch wenn man im Grunde nur das Gas tritt, die Lenkung bedient und schaltet ist die
Anspannung in einem enorm.

Am Abend hatten wir das Dünenfeld hinter uns gelassen. Nach zwei weitren Tagen auf dem Grand Erg erreichten wir in den späten Abendstunden die Straße, die nach Tammanrasset führte.

Wir kamen uns vor wie Schiffbrüchige, die Land gefunden hatten. In solchen Momenten kann man echt gläubig werden.

Da wir froh waren wieder auf Aspalt zu fahren, entschlossen wir uns dafür noch in der Nacht bis nach Tammanrasset durchzufahren. Bei In Ecker gab es eine kleine Militärkontrolle, leider ohne Datteln und Sauermilch. Nach der Kontrolle, ein paar Kilometer weiter, sagte Micha ich solle anhalten da sei Militär, ich antwortete das die Kontrolle schon war, und ich weiter fahren werde. Micha bat mich erneut anzuhalten ich ging schließlich darauf ein, zum Streiten war ich zu müde. Auf einmal sahen wir dass der Soldat, der vor dem Truck stand, mit seinem Maschinengewehr auf uns zielte.

Einer kam und nahm unsere Pässe. Er schaute in die Pässe und begann zu lachen. Man hatte uns wohl wegen dem lauten großen Fahrzeug für Terroristen gehalten, wenn ich nicht angehalten hätten, hätte man uns wohl erschossen. Man lernt nie aus

In der Nacht erreichten wir Tammanrasset, wo wir uns auf einem der vielen Campingplätze niederließen. Am nächsten Tag stellten wir fest das es zwar mehrere Plätze gibt, dass aber alle fast oder ganz leer waren.

Wir haben nur ein Schweizer Ehepaar mit Kind getroffen. Nach den Erfahrungen die wir alle gemacht hatten erschien es uns sinnvoll die weitere Strecke im Konvoi zu fahren. Die Route in den Niger sollte nicht einfach werden.

Micha ist mit den Schweizern zusammen in das Assekrem Gebirge gefahren, ich habe mich währenddessen in Tamm aufgehalten und mich mit ein paar Arabern angefreundet. Alle waren sehr freundlich, leider konnte keiner verstehen das ich ihre Meinung (Hitler c,est bon) nicht teilen wollte.

Ein Paar Tage später, nach ein paar Reparaturarbeiten, ging es weiter in Richtung Niger.
Nach ein paar Kilometern Asphalt ging es wieder los, Asphalt Ende rein in den Sand. Das Gefühl im Konvoi zu fahren war angenehm beruhigend. Wie man ohne GPS den Grenzübergang finden soll ist uns bis heute nicht klar, einfach dem Weichsand folgen vielleicht. Die Ausreise aus Algerien
verlief ohne Probleme.