Sudan

Vorbemerkung:

Den großen Teil der Berichte und überhaupt all die net-Geschichten kommen von Jonas.

Der ist ja auch Student.

Ich möchte hier einen kleinen Teil beitragen. Widmen möchte ich diesen Teil meinem Freund (unbekannterweise) Klaus. Seinen Nachnamen habe ich vergessen, aber es gibt einen tollen Reiseführer. Von dem Klaus.

Ohne den (den Klaus und den Führer) hätten wir längst nicht so viel Spaß gehabt. Und nicht so viele Abenteuer. Und nicht zuletzt deswegen waren wir ja auch in Afrika.

Danke Klaus.

11.01.02 Fahrt von Abeche nach Adre (Grenze zum Sudan)

Viele Überraschungen. Entgegen dem Führer gibt es keine bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Tschad und Sudan, schon lange nicht mehr. Dafür ist die Strecke - entgegen den Angaben des Führers - eine einzige Katastrophe.

Die Grenzformalitäten bei der Ausreise aus dem Tschad sind problemlos. Wir wechseln unsere letzten CFA, haben ja US-Dollar dabei, auf die die Sudanesen ja so scharf sind. Schreibt der Klaus.

12.01.02 El Guenina

Wir hängen tagelang am sudanesischen Zoll in EL Gueneina fest, die wollen Gebühren, und zwar in sudanesischen Dinar, oder in CFA. Und nicht in Dollar. Schon gar nicht in kleinen Scheinen.

Die Bank wechselt nicht. Auf dem Schwarzmarkt - keine Chance. Nach anderthalb Tagen sitze ich an einer Ecke und mache ein verdrießliches Gesicht. Stundenlange Verhandlungen auf dem Markt waren ohne Erfolg.

Schließlich werde ich in brüchigem Englisch von einem älteren Mann angesprochen, wo denn mein Problem liege. Er besitzt einen Telefonladen (nicht für Handys oder so, man kann da halt mit Glück telefonieren) und telefoniert dann mal so hierhin und dorthin. Nach Stunden kommt tatsächlich ein Sudanese und wechselt unsere Dollars. Zu einem fairen Preis; mein Gott, die hätten uns jeden beliebigen Wechselkurs aufzwingen können. Haben sie aber nicht.

Apropos Gott; irgendwie war das fast wie an Weihnachten, wenn der Pfarrer gleichnishaft über Begegnungen mit dem Erlöser predigt. Und das in Mullahland, Achse des Bösen und so.

Von eurem schönen Monitorsessel aus mag das recht pathetisch klingen, wie vielleicht vieles.

Aber sitz da mal rum, so ohne Geld und Sprit und überhaupt..

Aber so ist Afrika. Immer wenn du denkst, es geht nicht mehr....

Wem haben wir diese spirituelle Erfahrung mit dem telefon-man zu verdanken? Dem Klaus und seinen Dollars.

13.01.02

In der Zeit beim Zoll wurden wir von Fernfahrern aus dem Tschad zum Essen eingeladen, so richtig afrikanisch, alle essen mit der Hand aus einem Pott. Auch der Kollege, der eingepackt ist wie im atomaren Winter und auch so friert. Mit Schüttelfrost und allem, was dazugehört. Da haben auch unsere Medikamente nicht mehr viel geholfen.

Nun hatten wir wohl jede vorstellbare Infektion eingefangen, dachten wir. Hatten wir aber nicht. Dafür jedoch Informationen. Und zwar wichtige, nämlich wo man fährt und wo nicht. Erstens wegen der Piste, zweitens wegen bewaffneter Banden.

Bei unseren Fahrerkollegen, da waren zum Teil sehr gebildete Leute dabei. Ich bezweifle, ob in Fernfahrerkreisen in Deutschland über die Auswirkungen des Faschismus auf die kulturelle Entwicklung diskutiert wird. Naja, dafür haben wir aber die Autobahnen, und die hat ja der, und überhaupt war nicht alles schlecht........

Wieder mal bedauerte ich mein schlechtes Französisch. Vielleicht, wäre ich nicht so renitent gewesen und der Französischlehrer nicht so ein Arsch .. oder umgekehrt.....


14.02.02 Fahrt nach Nyala

Mit unserem schönen Sudangeld kaufen wir schön billig Sprit und weiter geht’s.

Erstmal verfahren wir uns, sind auf der Banditenstrecke nach El Fasher. Wir brauchen lange, bis wir`s merken. Zu wenig GPS-Punkte , zum Teil noch unpräzise, da an Hand der Karte recht unprofessionell berechnet. Dann krepiert auch noch unser antiquarisches Laptop, bzw. der Trafo. Sicherung kaputt. Die haben wir dann überbrückt, mit Asbest umwickelt. Wie früher am alten Granada, als der Radio nicht mehr ging. Nun, das habe ich früher im Granada... Jonas war zu dem Zeitpunkt statistisch noch nicht erfasst. Dafür kann der wenigstens mit dem Laptop umgehen.

Schließlich haben wir dann doch die richtige Route gefunden. Die Afrikaner auf dem freien Land sind hierbei übrigens nicht unbedingt sehr hilfreich. Der Sudanese an sich nickt bei irgendwelchen Fragen meist freundlich bis begeistert und kommentiert mit „quois“, das heißt so viel wie gut, also alles in Butter. (Im französischsprachigen Raum entspricht das der Floskel „pas du problem“ im Allgemeinen oder etwa „bon route“ im Besonderen. Nie drauf verlassen. Oder immer. Ist sowieso egal, es kommt wie es kommt. Außerdem kann man ja noch auf den Klaus zurückgreifen. Das ist dann wie die nächste Ebene bei irgendeinem sinnlosen Computerspiel)

Es gibt eben wenig promovierte Fernfahrer, alles in allem.

Die Piste Richtung Nyala beginnt schlecht, wird dann stetig furchtbarer. Dafür sind die Sudanesen sehr angenehm. Sehr respektvoll, nicht aufdringlich, höflich. Meist halten sie uns für Amerikaner, sind korrekt, aber reserviert. Wir kontern mit „Allemani“, was zu freudigen Reaktionen führt. Es reicht wohl schon, diese Menschen nicht eigenhändig zu bombardieren, um freundlich behandelt zu werden.

14/15 02.02

Mühle läuft nicht. Ärger mit der Treibstoffzufuhr. Als erfahrene Afrikareisende haben wir so manches gesammelt. Neben vielen Eindrücken offensichtlich auch diverse Mitbringsel im Tank, die sich auflösen (aber eben nicht so ganz) und dann die Leitungen verstopfen. Teile eines Gummihandschuhs (von Jonas) wirken zusammen mit Resten eines Hozstückchens (über dessen Herkunft ich an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte).

Nachdem wir die Treibstoffleitungen sukzessive gereinigt und im Tank einen grobmaschigen Filter angebracht hatten, ging es weiter.

Strecke ist übel, dafür hat Jonas seit Menschengedenken das erste Mal wieder sowas wie geformten Stuhlgang.

16.02.02

Geht gut bis Nyala, die Sudanesen sind sehr, sehr freundlich.

Morgens immer große Spannung, ob die Mühle anspringt. Lichtmaschine und Regler tun`s nicht mehr, die Batterie ist wegen des häufigen rumorgelns (siehe Treibstoffzufuhr) am Ende.

Springt dann doch immer wieder an, nach Direkteinspritzung von Explodium (eigens entwickelter Startpilot) bei abgebautem Luftfilter.

Jonas fühlt sich krank. Oder zumindest nicht richtig gesund.

17.02.02 Richtung Eddain

Jonas ist wieder fit.

Seltsame Kontakte mit der Bevölkerung. Größere Menschenmengen bewegen sich meist zu Fuß durch`s Land, wahrscheinlich ist ein besonderer Feiertag. Die Stimmung ist ausgelassen, wir können schwer einordnen, ob latent Aggressivität mitschwingt. Einmal werden wir beworfen, allerdings nicht mit Steinen, sondern mit Musikkassetten. Bestimmt nicht, weil die jetzt alle CD - Player haben. Sicher sollten wir uns die anhören. Eine landet in der Fahrerkabine. Allerdings haben wir keine Abspielmöglichkeit. Wo ist die eigentlich abgeblieben, die Kassette? Keine Ahnung.

Vor einem Dorf werden wir von zwei Frauen angehalten. Eine hat sich ihr Wickelkleid ausgezogen und mit Hilfe ihrer Freundin über die Piste gespannt. Sie winken, fordern uns mit Gesten zum Aussteigen und mit anderen Gesten zu was auch immer auf. Die Situation ist befremdlich und kaum einzuschätzen. Wir sind hier schließlich nicht in San Franzisco. Jonas ist heute der Fahrer, glaubt an eine Falle und beschließt, nicht anzuhalten (Weichei), fährt langsam durch die gespannte Barriere aus buntem Tuch, bis eine der Frauen losläßt. Ich protestiere. Allerdings relativ zaghaft; zum einen, will weil man ja nie weiß (aber eben deshalb hätte man anhalten sollen), zum andern, weil ich wieder etwas am Kränkeln bin und mich schlecht fühle.

Was wohl gewesen wäre...ewig werden wir rätseln.

18.02.02

Der Rahmen ist mal wieder gebrochen. Die zur Verstärkung angeschweißten Stahlarmierungen (Stahl?) wirken wie ein Hebel, an dessen Ende der Rahmenträger erneut bricht. Schweißen und Batterieladen in Eddain. Relativ faire Werkstatt. Das Batterieladegerät ist ebenso unbeschreiblich wie die Anzahl der Batterien, die gleichzeitig dran hängen.

Die ewige Warterei zehrt mehr an meinen Nerven wie jede Katastrophe. Aber der hektische Europäer wird sich eben gedulden müssen. Die Uhren laufen anders in Afrika. Manchmal scheinbar auch gar nicht. Die Strecke ist weiterhin übel.

Es erübrigt sich an dieser Stelle (wie an vielen andern auch), auf kleinere Divergenzen zwischen den Angaben vom Klaus und der erlebten Realität hinzuweisen. Wir erkennen einfach keinerlei Zusammenhang. So zwischen Reiseführer und Land. Das ist wahrscheinlich so wie mit Winnetou und den Indianern. Von dem Karl May, nicht dem Klaus. Schatz im Silbersee und so.

19.02.02

Verlorengegangen. Keine Aufzeichnung, aber egal. Viele Baobabs, Störche und um die größeren Städte und Siedlungen eine unglaubliche Menge von kleinen Plastiktüten, die vom Wind verweht werden. Kann man prima fotografieren, wenn man sehr kurzsichtig ist und eine für einen Vogel hält. Aber so blöd kann man ja gar nicht sein.

In the middle of nowhere laden wir unsere Batterien. Oder so ähnlich. Wir wurden eingeladen, unsere Batterien zu laden. In der Mitte eines Dorfes befindet sich ein kleines Steinhäuschen mit Photovoltaik auf dem Dach. Unsere Batterien erhalten eine homöopathische Dosis Zaubertrank. Bringt zwar nix, aber ablehnen unhöflich. Im Gebäude befindet sich ein Minicontainer mit Medikamenten der UNICEF. Wir lassen einen Teil unserer medizinischen Mitbringsel da, unterhalten uns nett und fahren weiter. So war das an diesem 19. Oder an irgend einem andern Tag. Auf jeden Fall war´s so.

20.02.02 „warnen, warnen poparnen vor Minen, Minen, popinen“

Die Tagebuchaufzeichnungen, auf die sich diese Ausführungen stützen, werden immer dürftiger und schräger. Gruß an den Helge und Klaus Kinski (Micha oder der Zorn Gottes).

Wir befinden uns in südlicher Richtung (war`s El Magla?) und nähern uns dem Bürgerkrieg.

Auskünfte sind wie immer dürftig und von zweifelhafter Konstruktivität („buy you a gun“)

Soweit wir die militärische Lage einschätzen können, ist sie völlig außer Kontrolle.

Südlich Richtung Makalal wurde wohl ein schwer bewaffneter Zug von den Rebellen aufgebracht.(Bahnlinien übrigens absolute Rarität in diesem Teil von Afrika).

In der Gegend liegen Minen. Unsere Dieselhexe ist nicht eben klein und würde wohl schon aus Angst beschossen. Besonders schnell sind wir auch nicht. Treibstoff wäre ein zusätzliches Problem - von Panzerfahrzeugen abschläucheln oder was??? Zudem fühle ich mich zunehmend schwächer. Die gemeinsame Grenze zu Kenia ist nach meiner Meinung nur mit großem Risiko zu erreichen, lebend. Ich plädiere für`s Umkehren Richtung Khartoum.

Jonas will weiter. Er schlägt vor, ich möge eine Gesichtsmaske aufzulegen (Kleiner Gag am Rande. So unter Männern) Weiterhin erklärt er mir, ich würde nun doch langsam alt, vor 20 Jahren wäre ich wohl weitergefahren. Womöglich hat er ja recht und ich habe ihn deswegen beinahe erschlagen.

Nach einem Interview mit einem ranghohen Militär in einer Basis und einer letzten Beratschlagung kehren wir um.

Und was wäre wohl gewesen...und ewig werden wir rätseln. Aber immerhin können wir`s auch. Na ja, vielleicht nicht ewig, aber hoffentlich noch ein ganze Weile.


21/22/23.02.02 RichtingKhartoum

Ich bin scheißkrank, Durchfall, in Farbe und buunt. Gelb, grün und rot. Manchmal auch etwas braun. Furchtbar.

In Kosti hat Jonas eine nette Bekanntschaft mit einem graumelierten Herrn, der ihn sanft und liebevoll an der Hand nimmt und ihm den Weg erklärt. Jonas wirkt etwas indigniert, ich find`s lustig. Zumal die Wäsche von Jonas beinah durchgehend rosa verfärbt ist (von meinem T-Shirt. Höhöhö). Schwul ist der Sudanese nicht, die Männer gehen einfach anders, fast zärtlich miteinander um.

Die Wegbeschreibung war genial. Wir sollten 150 km am Nil entlang und dann auf eine Fähre. `Tschuldigung, vergessen, wir sind am Nil. Nach der gleichförmigen mageren Vegetation haben wir auf mehr Leben, vielleicht andere klimatische Verhältnisse durch den Nil gehofft. Nixda. Der Sand geht bis zum Nilufer. Irgendwie wirkt sich - zumindest in dieser Jahreszeit - der Nil nicht merklich auf die Umgebung aus. Und der ist richtig groß, der Nil.

Die Wegbeschreibung von dem Herrn. Nun, durch Zufall und weil wir zunächst nicht wenden konnten, haben wir festgestellt, dass ne Ecke weiter in der anderen Richtung auch eine Brücke steht. Und über die kann man fahrn. Haben wir dann auch gemacht.

Praktisch am vorletzten Tag auf der Piste habe ich mein Leatherman verloren. (Wichtiges, männliches Utensil.) Den haben wir so oft beim Schrauben gebraucht, das glaubt uns keiner. Außerdem war´s ein Geschenk. Und mittlerweile irgendwie sowas wie ein Glücksbringer.

Nur Unwürdige können diesen Verlust nicht nachvollziehen. Ach ja, wenn mir hingegen der geneigte Leser ein Präsent, quasi als Würdigung der vollbrachten Taten und erlittenen Verluste..

Dafür habe ich aber noch mein Zippo. Und meine Maglight (für Unwürdige: Feuerzeug und Taschenlampe; der leatherman ist ein kleines Universalwerkzeug, alles von unseren amerikanischen Freunden, man ist ja schließlich nicht amerikafeindlich)



24/25.02.

Fahrt nach Khartoum. Aus dem nichts gibt es plötzlich Straßen. Straßen, so richtige, mit Teer und allem drum und dran. Unglaublich wie schnell man plötzlich vorwärtskommt.

Na ja, der Osama. Das mit den Towers, nicht in Ordnung . Aber alles war auch nicht schlecht. Schließlich hat der doch die Autobahnen...



27/28.02 Karthoum.


Direkt an den Kontrollen an der Stadtgrenze treffen wir Traveller, das erste Mal seit vielen tausend Kilometern. Tommies, zwei Männer und eine Frau in einem Landcruiser. Mit ihnen fahren wir in die Millionenstadt und suchen einen Platz für die Fahrzeuge.

Beim der Fahrt kommen wir auch an Orte, in denen Kinder in ärmlichsten Verhältnissen im Müll nach Nahrungsresten und verwertbaren Gegenständen suchen. Trotz oder gerade wegen diesem Elend wird mir zum wiederholten Mal deutlich, dass wir bei aller Armut insgesamt wenig Menschen gesehen haben, die offensichtlich hungern. Aber ein großer Teil steht knapp davor. Eine schlechte Ernte oder andere widrige Umstände und die Katastrophe ist da. In den Kriegsregionen im Süden sieht die Situation ohnehin anders aus.

Auf dem Campingplatz lernen wir das sudanesische Leichtathletik - Nationalteam kennen. Ich freunde mich mit dem Coach an, der lange in Heidelberg gelebt hat.

Trainingsgerät gibt es nicht, abgesehen von einer selbstgebastelten Langhantel, bestehend aus einem Metallrohr mit unförmigen Betonteilen an den Enden. Nicht mal richtig austariert. Die Stange biegt sich immer wieder durch, daraufhin hüpft der stämmige Diskusswerfer einige Male darauf herum, bis die Biegung einigermaßen raus ist.

Die Frauen des Teams kleiden sich und trainieren ohne Kopftuch, gegessen wird gemeinsam mit den Männern an einem Tisch.

Für mich heißt es langsam Abschied nehmen. Jonas will mit den Tommies über Äthiopien nach Kenia, dabei ist ein längerer Abstecher an den Lake Tana geplant. Von der Zeit her reicht mir das dann nicht mehr bis nach Addis Abeba, von wo ich spätestens heimfliegen müßte. Wir haben durch unsere diverse Pannen einfach zu viel Zeit (und auch Geld) verbraucht.

Zudem bin ich nach wie vor krank, fühle mich schwach und elend.

Obwohl Jonas Begleitung hat und mir von denen auch zugesichert wird, die Reisegemeinschaft keinesfalls vor dem Erreichen Kenias aufzulösen, fühle ich mich beschissen. Jonas und ich sind zusammen losgezogen, und ich will ihn eigentlich nicht mit fish&chips, vor allem ohne mich, weiter fahren lassen. Im übrigen lasse ich meine schlechte Laune diesbezüglich gerechterweise dann an Jonas aus. Irgend jemand muss schließlich die Schuld tragen.

Heimfliegen. Travellerschecks wechseln, Flug buchen und ab. Wir sind schließlich in einer acht oder zehn oder wasweißich Millionenmetropole.Pas du problem. Sollte man meinen.

Erst mal fliegen genau zwei Jets nach Deutschland. Einer ist nicht zu bezahlen , der andere Flug nach Frankfurt kostet immerhin auch 600 $. Bzw 599, weil sich´s billiger anhört, genau wie bei uns. Damit sind die Gemeinsamkeiten auch dann schon erschöpft. Keine Sau will meine Schecks, ich kapier das nicht, sind doch Devisen. In den Banken lungern viele Leute rum, teils einfach weil es dort kühler ist und man prima Tee trinken und Rauchen kann. Am Schalter interessiert sich niemand, man wird einen Stock höher, dann ins Nebengebäude und schließlich in die Bank gegenüber geschickt. Bis die Banken offiziell schließen. Auf Drängen werde ich vom uniformierten Wächter doch noch eingelassen. Ich darf dann Tee trinken und eine Fernsehübertragung der Afrikameisterschaft anschauen. Kicken können die, wechseln nicht.

Auch mein neuer Freund (der Coach), der Gott, die Welt und einen führenden Manager der Sudan Airways kennt, kann mir trotz großer Bemühung nicht weiterhelfen.

Zum dritten Mal bin ich bei der Lufthansa. Viel deutsch, die Lufthansa, ich auch, die sollen mir irgendwie weiterhelfen Nach langem hin und her erklärt sich der Chef plötzlich und zu diesem Zeitpunkt unerwartet bereit, die Schecks anzunehmen. Allerdings könne ich in Frankfurt nicht aussteigen, obwohl der Flieger dort landet. Dies sei ein Transferflug, erst in Paris könne ich die Maschine verlassen. Alternativ bleibt mir nur ein Flug nach Kairo. Von dort per Bus/Bahn nach Alexandria, mit dem Schiff nach Griechenland und von Athen heimfliegen. Billiger, spannender und gemessen an überwundenen Schwierigkeiten eigentlich pas du problem. Allerdings bin ich einfach nicht mehr fit. Zudem will ich eigentlich gar nicht heim, und wenn es schon sein muß, so paradox es klingt, dann wenigstens schnell.

Nicht aussteigen in Frankfurt. Ich buche den Flug und lasse einfließen, dass ich möglicherweise beim Landen einen epileptischen oder sonst einen Anfall erleiden könnte bei dem Gedanken, wieder abheben zu müssen. Nun, eigentlich könne man vielleicht doch aussteigen, man wisse es nicht genau. Nur könne ich keinesfalls Gepäck mitnehmen, das würde mit Sicherheit nach Paris fliegen Au revoir.

(Ich nehme nur Handgepäck mit. Die Kameraausrüstung trage ich aus Gewichtsgründen am Körper, was den Kontrolletti im Flughafen amüsiert. Bei der Ankunft in Frankfurt steigen etwa zwei Drittel der Passagiere aus und holen ihr Gepäck. Hahaha. Einziges Problem ist der Polizeiaufmarsch bei der Landung. Osama war aber wohl nicht im Flieger)

Am letzten Abend hat mein Taxi eine kleinere Kollision mit einem Bus, weil der Fahrer sich mit Händen und Füßen zu verständigen versucht. (Außerdem fahren die alle wie die Idioten. Nicht aggressiv, aber äußerst undiszipliniert) Niemand war etwas passiert, die beiden Fahrer tauschen die üblichen Höflichkeiten aus („Gott ist groß, er sei mit Dir“ u.ä.). Das jeweilig andere Fahrzeug wird inspiziert, der Busfahrer biegt gemeinsam mit Fahrgästen die Stoßstange des Taxis wieder hin. Niemand ist erbost oder ungeduldig. Schließlich verabschieden sich die Männer unter Segnungswünschen. Ohne Fahrgäste hätte man sicher gemeinsam Tee getrunken, aber das wäre wohl unhöflich gewesen

Ich verabschiede mich schnell von Jonas, möchte nicht, dass er mit zum Flughafen kommt.

Es ist so schon alles schlimm genug.


Daheim in Dunkeldeutschland

Zwölf Wochen hin, in ein paar Stunden zurück. Beam me up, Scotty.

Nix gut, weil Kulturschock. Ich steige in Frankfurt aus und fahre mit der Bahn nach Köln zu Freunden. Alles wirkt befremdend. Im Zugabteil sprechen die Menschen nicht miteinander, meiden sogar Blickkontakt. In Köln werde ich von Holger und Petra mit viel Wärme begrüßt, was mir gut tut.

Das erste Mal seit Monaten eine richtige Dusche. Leider auch ein Spiegel, ich sehe beschissen aus, eingefallen und alt. An den andern Travellern ist mir stets aufgefallen, wie verlebt die doch aussehen. Im Rückspiegel vom Magirus sah ich irgendwie besser aus.

Abends bin ich mit Holger Bier holen am Kiosk. Wir öffnen versehentlich eine Kühlfach, aus dem die Flaschen nicht entnommen werden sollen. Es hängt extra ein Schild dran, wir hatten das übersehen. Der Typ pfeift uns an. Völlig normale Situation, langweilig, interessiert keine Sau, ich weiß.

Für mich in dem Moment aber schlimm, weil nicht mehr gewohnt. Ich verkrieche mich in der Wohnung von Holgi und Peti. Schlafen, essen , kleiner Spaziergang, schlafen, essen, Bier trinken, schlafen. Peti päppelt mich hoch, nach einigen Tagen fühle ich mich der Welt hier wieder eher gewachsen Langsam komme ich auch körperlich wieder zu Kräften.

Eine Woche nix mache, tut gut. Dann bin ich noch zwei Tage bei meinem Freund Hippi und Familie. Weiche Landung.

Hippi leiht mir seinen 5er BMW. Ich kann mit dem Ding gar nicht fahren, bin vom Magirus gewohnt, immense Kräfte beim Lenken einzusetzen. Mach das mal bei `ner Servolenkung.

Außerdem sind hundert Stundenkilometer ja soooo schnell, eigentlich schon achzig. Ich bin ein zickzack fahrendes, rollendes Verkehrshindernis. Armer Hippi, der schöne BMW.

Ich mache mir Sorgen um Jonas. Der kann doch nicht mal kochen. Na ja, ich eigentlich auch nicht. Wird schon gut gehen.

In der Peter und Paul Kirche in Heilbronn brennt eine Kerze für ihn.